Freitag, 4. Januar 2013

Barkultur 2013 – Teil 3 – Rockabilly, Sternecocktails und die Ubiquität guten Trinkens

Ein neues Jahr soll man ja mit guten Vorsätzen beginnen. In meinem Fall will ich mit meinem letzten Post die Kritik hinter mir lassen und versuchen, ein paar Ansätze zu entdecken, wohin sich die Barwelt in den nächsten Jahren entwickeln könnte.


Rockabilly

 

Der Boilermen macht es vor: Laut, ungestüm und auf großen Getränkeumsatz gemacht. Wer hätte noch vor einiger Zeit gedacht, dass man den Gin Basil Smash als Highball kredenzen könnte? Oder dass sich ein Tequila Sunrise wieder auf die Karten ernstzunehmender Bars verirrt? Die Barkultur wird lässiger, ohne an Niveau zu verlieren. Außerdem ist ja das Bedienen an diversen Jahrzehnte ja ohnehin en vogue. Wenn das aber erlaubt ist, wieso sollte man nicht ein neues Jahrzehnt nutzen? Der unglaubliche Erfolg der Serie Mad Men zeigt: Das Ende der fünfziger und der Beginn der sechziger sind ebenfalls ein Zeitalter der Träume. Wieso also nicht eine Rockabilly Bar? Endlich den Staub der trockenen Zwanziger Jahre abschütteln und Spaß haben. Warum sollten Bartender keine Elvis-Tolle tragen? Die Barmusik ist dann auch schnell gefunden, das passende Barinterieur lässt sich mit Sicherheit aus irgendwelchen eingemotteten Bars aus den Fünfzigern reaktivieren. Das Team um Sailor Jerry Spiced Rum hat das Konzept probiert – bisher mit mäßigem Erfolg. Aber dennoch glaube ich, hat das Konzept Zukunft, wird das Trinken entspannter. Und die Cocktails? Es gibt zwar keine speziellen Cocktailstile, aber mit einem „Erlaubt ist was Spaß macht, Hauptsache auf hohem Niveau“ lässt sich einiges anfangen. Beispiel gefällig? Die aktuellen Rezepte aus dem „Jägermeister“-C&D-Wettbewerb.


Sternecocktails

 

Molekulare Mixology ist tot. Toter als tot. Und seitdem Bols mit seinen Schäumen und Perlen den Markt flutete, wurde sie auch auf dem hinterletzten Eck des Friedhofs verscharrt. Zu wenig ernsthaft.
Allerdings ist ein Aspekt untergegangen. Was, wenn man Cocktails aus dem Augenwinkel eines Sternekochs betrachtet? In den USA öffnete vor einiger Zeit das Aviary, eine angegliederte Cocktailbar an das Alinea des Sternekochs Grant Achatz. Dort versucht man aus allerbesten Zutaten Cocktails zur Sterneklasse zu verhelfen. Dabei greift man auch zu Kniffen aus der Molecular Mixology wie Perlen zurück, allerdings nicht nur. Am Tisch infusionierte Kalt- und Heißgetränke, die nach Trinkdauer ihren Geschmack verändern, ein Old Fashioned in the rocks. Serviert wird das ganze in Flights mit drei oder sieben Cocktails, auf Wunsch mit kleinen Speisen aus dem Alinea. Vielleicht wagt sich ja auch ein deutscher Sternekoch an solch ein Projekt?



Ubiquität guten Trinkens

 

Und der letzte und für mich der vielversprechendste Trend des nächsten Jahres: Es ist egal, wohin du gehst, du bekommst einen guten Cocktail. Man muss nicht mehr stundenlang auf Webseiten und Foren surfen, um eine Bar mit guten Cocktail zu finden, sondern Restaurants, Clubs, Hotelbars und Kneipen bieten gute, klassische Cocktails von hoher Qualität an. Ein Cocktail zum Essen ist nichts besonderes, sondern gleichwertig zu einem Glas Wein – ohne aufwändiges Foodpairing. Das Trinken wird von der Nische zum Mainstream. Dabei wird mit Sicherheit die Person des Bartenders an Glanz verlieren – gewinnen wird aber auf jeden Fall die Trinkkultur und der Gast.

 
Das waren meine Vorstellungen vom nächsten Jahr. Demnächst an dieser Stelle wieder mehr Fundiertes und weniger Prognose. Was meint der geneigte Leser? Wohin geht die Reise?

2 Kommentare:

  1. Rockabilly Bar gibt es z.B. in Heilbronn...jeisst Plan B.

    Jonas

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  2. Die "Ubiquität guten Trinkens" wäre zwar wünschenswert, aber davon sind wir wohl leider noch deutlich mehr als ein Jahr entfernt.

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