Samstag, 22. September 2012

Arbitrary Nature of Time - Mixing through Beta Cocktails #2

Der zweite Cocktail ist der "Arbitrary Nature of Time", zu deutsch: die Beliebigkeit der Zeit von Maks Pazuniak.

 

Arbitrary Nature of Time

  • 1,25 oz (4,25 cl) Wild Turkey Rye
  • 1 oz (3 cl) Campari
  • 0,75 oz (2,25 cl) Cherry Heering
  • 1 ds Regan's Orange Bitters
  • 2 ds TBT Xocolatl Bitter
Der Cocktail klingt einfach, ist aber sehr vielschichtig. Das Rückgrat stellt der kräftige Roggen dar, der von der Bitterkeit des Campari und der Süße von Kirschen und Schokolade abgelöst wird. Glaubt man am Anfang noch, einen Boulevardier zu trinken, so entwickelt sich der Cocktail in eine flüssige Schwarzwälder Kirschtorte...aus dem Aperitif wird ein Digestif...ein Verstreichen eines langen Zeitraums in nur einem Cocktail.

Vielleicht auch deswegen war ich sofort an das Bild "Beständigkeit der Erinnerung" des Surrealisten Dali erinnert. Das Bild zeigt für mich ebenfalls die Relativität und damit die Beliebigkeit der Zeit im Empfinden eines jeden.

In jedem Fall ein leckerer Cocktail....und sorry für das IPhone-Bild.



Mittwoch, 19. September 2012

Das große Rye-Tasting #2


...das Rye Tasting umfasste noch weitere vier faszinierende Roggen-Whiskeys.

Pikesville Rye

Pikesville Rye ist der Sparfuchs unter den getesteten Roggen. Während er in den USA für 13 USD die Flasche (!) zu bekommen ist, zahlt man hierzulande ca. 25€ - für einen Rye erstaunlich günstig. Pikesville zählte ursprünglich zu den Roggen, die in Maryland nach dem dortigen Stil gebrannt wurden, und der eher fruchtig im Geschmack sein sollte. Heute allerdings wird Pikesville zusammen mit Rittenhouse Rye in der Heaven Hill Distillery hergestellt und enthält die gleiche Mashbill wie diese.
In der Nase ist er dennoch untypisch, Himbeere und Kirschtöne, die sich auch am Gaumen wiederfinden. Wesentlich runder, weniger kräftig, starke vanillige Töne und ein Finish, dass eher an einen süßen, milden Scotch als an Rye erinnert. Anders eben.

Whistlepig Rye

Whistlepig Rye war - ehrlich gesagt - der Rye, auf den ich besonders gespannt war. Ein 100% Rye, mit 50%  genug Power und mit 10 Jahren auch der älteste Teilnehmer im Feld. Eine weitere Besonderheit: Es ist kanadischer Rye, der von  Dave Pickerell (ehem. Makers Mark Master Destiller) für Whistlepig gekauft und abgefüllt wird. Und er startet mit allerhand Vorschusslorbeeren. 96 Punkte im Wine Enthusiast, fünf Sterne im Spirit Journal. Was soll da schieflaufen? Im Blind Tasting allerdings versagt der Rye vollkommen. Eine üble Klebstoffnote, der Geschmack ebenfalls - Klebstoff. Ja, auch viele fantastische Gewürzaromen, die aber total überlagert werden. Auch nach Auflösung der Probanden herrschte Ratlosigkeit. Der Preis (immerhin 80 USD und in Deutschland 100€) erschien uns nicht gerechtfertigt. Eventuell wird es demnächst Zeit für eine Wiedervorlage.

Willett Family Estate Single Barrel 3yo

Ich gebe zu - ich bin voreingenommen. Ich liebe diesen Whiskey. Und ich hatte gehofft, dass dies auch die anderen Tester so sehen würden. Der Willett ist ein Single Barrel Produkt, demnach hier die genauen Daten: Fass Nr.: 6487, 57,8%; Flasche Nr. 74/228. Zur Herkunft: Der Name Willett ist ein großer Name im Whiskey-Business und die Whiskeys legendär. Dazu noch in einem anderen Beitrag mehr. An dieser Stelle muss reichen: Dieser Whiskey stammt nicht aus der Willett Distillery, sondern von LDI (siehe Teil #1) und hat damit die gleiche Mashbill wie Bulleit und Templeton. Nur dass die Fässer früher (nach 3 Jahren) und in Fassstärke abgefüllt wurden. Und wieder zeigt sich: Die Mashbill hat kaum Auswirkungen auf das Produkt.

Der Rye hat eine ungemeine Frische, viel Zitrusöl aber auch Mandeln und Haselnüsse. Er würde sich - nach einem Tester - gut im Boston Sour machen. Das kann ich bestätigen. Er macht aber auch einen fantastischen Sazerac. Die JFK Bar in der Frankfurter Villa Kennedy macht damit seine Manhattans (Zitat: "Der Rittenhouse BiB ist leider aus."). Am Gaumen sehr würzig und extrem trocken. Ein extremer Rye, dessen Jugend man schmeckt, der aber auch schon viel Fass geatmet hat. Toll, wie auch die Tester bestätigten.

Sazerac Rye 6

Als letztes das Flaggschiff des amerikanischen Roggens. Der Sazerac 6yo, mein Standard-Mix-Rye. Und ein Produkt, dass mit 51% Rye (12% Gerste und 37% Mais) nur das gesetzliche Minimum an Roggen enthält. Das macht sich auch bemerkbar, denn der Whiskey erscheint runder, die Kraft und die Würzigkeit des Roggen eingebunden. Alle Tester vergaben hier Höchstnoten. Weitere Ausführungen zum Geschmack waren nach 7x2 cl Rye nicht mehr zu machen.
 

Fazit:

Für mich hat das Rye Tasting zwei wichtige Ergebnisse geliefert: Zum einen bedeutet mehr Roggen nicht zwangsläufig einen besseren Geschmack - Im Gegenteil, besonders komplex und dennoch gefällig erschienen diejenigen, die einen größeren Anteil von Mais enthielten. Zum anderen sagt Destille und Mashbill noch nichts über den Geschmack aus. Mit Bulleit, Templeton und Willett hatten wir drei vollkommen unterschiedliche Whiskeys gleicher Herkunft und Mashbill.

Eine Bewertung nach Noten soll hier nicht erfolgen. Worauf sich das Plenum aber geeinigt hat, ist: Mit Sazerac und Wild Turkey kann man nichts falsch machen. Templeton muss man mögen. Bulleit scheint ein würdiger Mixing Rye - wäre er nicht so horrend teuer. Und der Willett ist ein toller Rye zum kleinen Preis, wenngleich nicht für jeden Cocktail.


Sonntag, 16. September 2012

Das große Rye-Tasting #1

Rye Whiskey ist und bleibt eines der großen Themen der Bar. Leider ist in den meisten Backboards entweder Jim Beam oder Old Overholt, bei größerem Wareneinsatz Rittenhouse BiB oder Sazerac 6 Jahre ("Baby Saz") zu finden. Dabei hat sich in den letzten Jahren einiges getan in Sachen Rye. Aus diesem Grund habe ich mit einigen Freunden einige (neue) Rye-Whiskeys blind getestet.


Templeton Rye

Templeton Rye erzählt eine Legende. Das Rezept stamme aus der Zeit aus der Prohibition. Der Whiskey sei so gut, dass er der Whiskey der Wahl Al Capones wurde. Templeton Rye ist 4 Jahre alt und stammt aus der LDI (Lawrenceburg Distillers Indiana) und wird in Templeton nur abgefüllt.

Mit 40% ist der Rye eher wenig Alkohol besitzend, bleibt er in der Nase auch sehr weich. Vanilletöne und süße Aprikosen dominieren. Am Gaumen bleibt er allerdings seltsam flach und wenig aussagekräftig. Mit der Ausnahme eines Teilnehmers wusste der Whisky, der aus 95% Rye besteht, nicht zu begeistern. Mit 40-45€ ist der Preis für Roggenverhältnisse als "normal" einzustufen.

Bulleit Rye

Bulleit Rye ist der neue im Massensegment der USA und kämpft dort gegen die Platzhirsche Rittenhouse BiB und Sazerac. Er besitzt 45% und ist kanpp älter als 4 Jahre. Und er stammt auch aus dem Hause LDI, besitzt demnach auch die gleiche Mashbill.

In der Nase zeigen sich starke Zitrustöne, viel Granny Smith Apfel und eine dominante Pinien-Note. Am Gaumen präsentiert er sich schlank, aber gefällig. Kein herausragender Rye, aber einer der durchaus zum Mixen taugen würde. Zum Teil wurde er als zu schlank bezeichnet. Wenn er in Deutschland nicht nur so schwer zu bekommen wäre und man durchaus 50€ oder mehr pro Flasche mit 750ml zahlen würde.

Wild Turkey Rye  50,5%


Wild Turkey Rye entstammt der Buffalo Trace Destille. Über das Alter ist nichts zu finden. Die Mashbill ist: 65% Roggen, 12% Gerste, 23% Mais. Leider wird das Produkt immer schwieriger zu finden sein, da Wild Turkey für den Internationalen Markt einen Wild Turkey Rye mit 40,5% auf den Markt bringen wird. Es soll das gleiche Produkt sein, nur verdünnter und damit mit weniger Volumenprozent. Ganz verschwinden soll der 50,5% aber nicht.


In der Nase zeigt sich die Kraft, viel Pfeffer und starke Holztöne (Pinie?) und Kräuter. Wenig Süße auch im Geschmack, aber ein Abgang, der sich mit viel Kraft und Geschmack einprägt. Ein Wahnsinns-Roggen, der allen Teilnehmern gut schmeckte, der aber allzu schwer erhältlich ist.

Bald geht es weiter mit Teil 2.... 


Inside Boilerman! Der Kessel kocht!

In Hamburg öffnet das Boilerman's, der Nachfolger der Eberhardt's Bar geht die nächste Woche offiziell an den Start! Die durstigen Kehlen Hamburgs freuen sich. Und als Bier gibt es das großartige Pale Ale aus der wiedereröffneten Hamburger Ratsherrn Brauerei.


Wer nicht in Hamburg ist, der kann sich zumindest mal wieder einen Diablo mixen und sich darüber freuen, wie lecker Highballs sind:

El Diablo

  • 5 cl Tequila Reposado
  • 1,5 cl Creme de Cassis
  • 1 ausgedrücktes Limettenachtel
  • Top w. Ginger Ale



Dienstag, 11. September 2012

Angostura Sour - Mixing through Beta Cocktails #1

Zum Start gibt es einen Angostura Sour, ein Cocktail der Angostura als "Basisspirituose" nutzt.  Die Idee ist wohl so alt wie Bitters selbst. Der Angostura Sour selbst stammt von Charles H. Baker und steht aus dem Gentlemen's Companion aus den 1930ern Jahren. In den letzten Jahren wurde die Idee weitergedacht und Drinks wie der Trinidad Sour oder der Stormy Mai Tai entstanden.

Aber getreu dem Motto: "Keep it simple and stupid!" bleibe ich beim Original. Dieser Cocktail soll auch der Einstieg in die Beta Cocktails-Serie darstellen.

Angostura Sour

  • 1,5 oz (4,5 cl) Angostura Bitters
  • 0,75 oz (2,25 cl) Limettensaft
  • 1 oz (3 cl) Zuckersirup
  • Eiweiß
Shake auf Eiswürfeln, danach noch shaken ohne Eiswürfel, danach in eine Cocktailschale abseihen.



Weihnachten ist hiermit eingeläutet. Zimt, Nelken ohne Ende, das Eiweiß und die Säure nehmen dem Angostura Bitterkeit und Schärfe. Und der Geschmack wird mit jedem Schluck besser. Ob das am leicht tauben Mundgefühl liegt? Ein toller, ein außergewöhnlicher, ein mutiger Cocktail. Santé!

Dienstag, 4. September 2012

Bols Barrel Aged Genever Sazerac


Kaum ein Cocktail verzaubert mich so wie der Sazerac. Die simple Mixtur aus Rye (oder Cognac), Peychaud's, Zucker und Absinthe ist für mich der Inbegriff des klassischen Cocktails und die Geschmackskomposition aus Anis, Wermutkraut und den reichen, rauhen Roggentönen lässt den Alltag zurück. Ein Cocktail, der Zeit und Konzentration abverlangt.

Eric Ellestad, Blogger aus San Francisco erfand anlässlich seiner Reihe "28 Sazerac an 28 Tagen" den Genever Sazerac. Die Idee faszinierte mich. Bols Genever ist irgendwie ja nichts anderes als "Holland Whisk(e)y", nur ungelagert und aromatisiert. 

Ich beschrieb den Genever Sazerac Mario Kappes im Le Lion, und er rührte ihn, fügte eine Grapefruitzeste dazu und - ich war geplättet. Die malzige Süße und der Absinth schaffen einen ganz neuen Cocktail, der aber nicht weniger komplex ist. Ich habe mir diesen Cocktail in diversen Lokalitäten mischen lassen - aber keiner kam je an das heran, was Herr Kappes mir serviert. Ein großes Lob an einen ganz großen Bartender.

Durch viel Glück fiel mir die Tage eine Flasche Bols Barrel Aged Genever in die Hände, der 18 Monate in Eichenfässer gelagert wird und außerhalb der USA nur im House of Bols in Amsterdam verkauft wird. Bols Genever! Gelagert! Das schreit ja geradezu nach einem Barrel Aged Genever Sazerac.

Genever Sazerac

  • Gästeglas, mit Absinth besprüht.
  • 1 Barlöffel Zuckersirup
  • 6 cl Bols Barrel Aged Genever
  • 3 ds Peychaud's

In der Nase dominiert die Süße des Malzes, am Gaumen auch, eine breite Süße. Der Bitters arbeitet sich nicht an der Rauhheit des Whiskey sondern der Süße des Malzes ab. Im Abgang Lakritztöne.
Ein wunderbarer Cocktail, der eine vollkommen neue Geschmacksdimension öffnet. Im Zweifel Herrn Kappes im Le Lion fragen. Der Mann weiß was gut ist.

Mixing through Beta Cocktails #0

"Boring damned people. All over the earth. Propagating more boring damned people. What a horror show. The earth swarmed with them." Charles Bukowski (1920-1994)


Kennt ihr das, ihr blättert durch die x-te Karte mit den immergleichen Klassikern, Neoklassikern und den immergleichen Zutaten? Nichts gegen Klassiker. Ich liebe den Manhattan. Ich liebe den Gin Basil Smash, bewundere den Angus & Beuser. Aber manchmal fehlt mir das Progressive, das Avantgardistische, das Freche. 

Auf der Suche nach ein paar neuen geschmacklichen Herausforderungen fand ich beta cocktails, zusammengestellt von Kirk Estopinal und Maksym Pazuniak. Die Rezepte dort sind - vorsichtig gesagt - unkonventionell. Die Cocktails werde ich an dieser Stelle nachmixen - denn Cocktaildeutschland verdient mal wieder ein wenig Sturm und Drang.


Sonntag, 2. September 2012

Das Manhattan Projekt - Ouvertüre

Lieber Leser,
Dear Discerning Drinker,


Das Manhattan Projekt....

...ein Blog, gewidmet dem wohl besten aller Cocktails.

...ein Ort für Gedanken rund um den flüssigen Genuss.

...ein Platz für all die Sachen, die sonst nirgendwo richtig hingehören.

À votre santé, laissez le bon temps rouler!

Euer Tikiwise