Mittwoch, 28. November 2012

Jefferson Rye - A Canadian in Manhattan

Zugegeben, um den Jefferson Rye habe ich lange einen Bogen gemacht. Zu groß waren die Vorurteile gegenüber kanadischem Whiskey und einem 100%-Rye, der eigentlich nur zum Vermischen mit anderen Whiskeys für Canadian Whiskey hergestellt wird. Woher genau ist Betriebsgeheimnis. 10 Jahre sind darüber hinaus ein schwieriges Alter für einen Rye - in dem sich deutliche Fassaromen gegen die jugendliche Frische wehren müssen. Meist sind die erhältlichen Whiskey deutlich jünger oder älter. Auf gutes Anraten des C&D-Forums entschied ich mich dann doch zum Selbsttest:



Die Nase:
Viel Karamel, etwas Zimt, aber deutliche Fassaromen. Irgendwie aber auch etwas leicht störendes, klebrig-muffiges dass nach einiger Zeit die ursrpünglichen Aromen überdeckt.

Der Gaumen:
Deutlich Zimt, Toffee, aber mit deutlicher Kraft und einem dominanten Pfefferminzton, der auch noch lange anhält.

Abgang:
Der Abgang ist lang und rye-typisch. Viel Roggen und leichte Räuchernoten sowie viel Pfefferminze.


Ich bin überrascht. Ich dachte, ich werde wohl kein Freund von 100% Roggen. So hat mir der Whistlepig schon nicht sonderlich gefallen. Der Rye ist aber anders. Er ist weniger verschlossen und weniger scharf. Aber er bleibt dennoch in der Kategorie 100%-er und damit in meinen Augen geschmacklich eindimensional. Einen Test gegen den Sazerac 6yo oder den von mir so geliebten Willett Family Estate würde er nicht gewinnen. Dafür fehlt im das Frische und breite Aromenspektrum. Für einen klassischen Sipping-Whiskey erscheint er mir aber wiederum zu unrund. Gerade in der Nase ist doch deutlich zu merken, dass der Whiskey nicht zum pur trinken gedacht ist.
Für ca. 40€ ist er aber ein nach europäischen Maßstäben gut bepreister Rye, der vor allem eins hat. Viel Kraft. In Cocktails wird er sein Talent gut ausspielen können. Ein Manhattan würde passen.

Ergebnis 7 von 10

Dienstag, 6. November 2012

Außergewöhnliche Drambuie - Commercial

 

Ich bin ja ein großer Freund des Surrealen, wie schon an anderer Stelle erwähnt. Und Drambuie tritt mit seiner neuen Werbung in die Fußstapfen Dalis... Ich finde es großartig, endlich traut sich ein Spirituosenhersteller mal wieder ein wenig mehr als nur zu zeigen, wie der ach so reine Vodka die Eiswürfel entlangfließt. Unten noch ein kleines Behind the Scenes.



 

Samstag, 3. November 2012

Roggen-Whiskey von der Stange ? - über LDI und Konsumentenerwartungen

Wer das Rye-Tasting verfolgt hat, wird vielleicht irritiert gewesen sein, dass mehrere Whiskeys aus ein und der selben Destillerie stammen - auch wenn sie verschiedene Label tragen. Die Rede ist von den Roggen der Lawrenceburg Distillers Indiana (LDI), die ursprünglich zu Seagram's gehörte, dann an Angostura Ltd. verkauft und mittlerweile an MGP (Midwest Grain Producers) weitergereicht wurde.

LDI produziert diverse Alkohol-Produkte, darunter auch einen Rye-Whiskey aus 95% Roggen und 5% Gerste. Allerdings verkauft LDI nicht direkt an den Konsumenten. Vielmehr verkauft LDI an andere Unternehmen, die das Produkt evtl. weiterbehandeln, abfüllen und  dann verkaufen. Wenn man mal genauer hinschaut, welche Roggen alle aus der LDI Schmiede kommen, dann staunt man nicht schlecht. Eine kleine Auswahl:
  • Templeton Rye
  • Bulleit Rye
  • Redemption Rye
  • High West Rye (und zwar alle fünf gealterten Versionen)
  • Willett Single Estate Rye in den Varianten 2yo - 5yo
  • George Dickel Rye 
Gleichen sich wie ein Ei dem anderen? - LDI Rye Whiskey
Also alles der gleiche Whiskey? Eine Verbrauchertäuschung gar? Im Großen eher nicht. Beim Geschmack zeigen sich große Unterschiede. Ist Redemption Rye in meinen Augen ein äußerst dürftiges Produkt, zeigen Templeton und Bulleit durchaus gute Mix-Qualitäten. Auch hat jeder Abfüller sein eigenes Verfahren, das dem Whiskey eine besondere Note gibt. High West vermählt zwei verschiedene LDI Rye in seinem Rendezvous und seinem Double Rye. Außerdem verkauft High West als einziger Hersteller die alten LDI Whiskey, die 12, 16 oder 21 Jahre alt sind und abweichende Mashbills besitzen. Und KBD (verantwortlich für Willett Rye) füllt LDI in Fasstärke ab. George Dickel benutzt für den Rye die Lincoln County Process genannte Holzkohlefiltrierung, die sonst den Tennessee Whiskey vom Bourbon unterscheidet.

Dennoch - ein ungutes Gefühl bleibt. Das Bild vom Whiskey als das Produkt des Farmers, der das Getreide erntet, destilliert und den Whiskey im hölzernen Lagerhaus langsam reifen lässt, ist einfach schöner als das des Indutriekonzerns, der Whiskey aus Gewinngründen produziert. Verdeutlicht wird dieses eher triste Bild auch durch die folgende Anekdote: Ursprünglich bestand die Mashbill aus 80% Rye und 20% gemälzter Gerste. Leider ist gemälzte Gerste teuer, und so einigte man sich mit der Geschäftsführung auf die kostengünstigere Mischung aus 95% Rye und 5% ungemälzter Gerste. 

Dreist ist hingegen, wenn die Homepage von Templeton Bilder enthält, die den "Roggen, der nahe an der Destillerie wächst" zeigt und das "Familienrezept" der Familie Kerkhoff preist - obwohl kein eigener Whiskey verkauft wurde, sondern nur das LDI Produkt. Das ist schon nahe an der Verbrauchertäuschung.

LDI ist somit zwar ein großer Player auf dem Rye-Markt, ermöglicht aber einer vielen kleinen und größeren Produzenten ihren eigenen Stil an Rye zu kreieren - "Artisanal Distilling" sieht dennoch anders aus.

Immerhin - mit dem bald auch in Deutschland erhältlichen George Dickel Rye müsste das Auftauchen von neuen LDI-Whiskeys beendet sein. Die laufende Produktion ist restlos verkauft - Templeton hat bereits eine Verringerung ihres Outputs angekündigt und der neue, 6-Jahre alte Willett Single Estate Rye stammt definitiv nicht von LDI - woher ist aber noch unklar.